Rede zum Haushalt, Einzelplan 17 – Familie, Senioren, Frauen, Jugend

  • von

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Paus, schade, ich hätte gerne auf Ihre Rede reagiert. Heute drehen wir das offensichtlich mal um.

Ja, es sind schwierige Zeiten, in denen Sie diesen Bundeshaushalt aufstellen, und ja, Herr Kollege Hönel, es gibt eine Menge finanzielle Entlastungen für Familien und Kinder in diesem Bundeshaushalt insgesamt, aber eben nicht im Einzelplan 17. Der Aufwuchs basiert vor allen Dingen – Sie haben es schon gesagt – auf den gesetzlichen Ansprüchen, die einfach bestehen. Dazu gehört eben auch das Kindergeld, für das Sie sich ja so gerne feiern. Aber am Ende ist es nur wenig eine Entscheidung hier im Haus. Es ist vielmehr eine Folge aus dem Existenzminimumbericht. In Reaktion darauf haben Sie die steuerlichen Freibeträge angepasst, und daran ist immer eben auch die Erhöhung des Kindergeldes gekoppelt.

Ich finde es ja gut und richtig, dass das Kindergeld erhöht wird. Was wir allerdings skeptisch sehen, ist der Wechsel in der Systematik, den Sie vornehmen, dass Sie nämlich jetzt jedes Kind gleich fördern und nicht mehr anerkennen, dass Mehrkindfamilien eine besondere Belastung zugestanden werden muss, dass das dritte und jedes folgende Kind einfach mehr kostet. Diesen Wechsel sehen wir einfach anders.

Vor allen Dingen reicht Geld alleine an dieser Stelle einfach nicht. Es muss doch unser aller Anspruch sein – es ist auch, zumindest laut Ihrer ersten Rede hier im Haus, Frau Ministerin, Ihr Anspruch -, Chancengleichheit für Kinder in diesem Land herzustellen, egal wo und egal in welche Umgebung hinein sie in diesem Land geboren werden.

Die Realität sieht in Ihrem Haushalt allerdings leider anders aus. Und ja, auch wenn Sie es nicht mehr hören können: Sie beenden das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“. Sie beenden es zum 30. Juni nächsten Jahres, und jetzt rühmen Sie sich damit, dass Sie 109 Millionen Euro doch noch bis Mitte Juni zur Verfügung stellen. Ich höre es in Ihren Reihen während der Reden: Es ist Ländersache. Es ist Ländersache.

Ja, ich sehe das auch vom Grundsatz her so, wenn Sie es vorbereitet hätten und nicht bis Mitte dieses Jahres so getan hätten, als würde das Bundesprogramm fortgesetzt, wenn es Absprachen mit den Ländern gegeben hätte, wenn es Vereinbarungen gegeben hätte, wie es fortgesetzt wird, vor allen Dingen wenn es jetzt für die Übergangsphase – Sie sind ja zurückgerudert – wirklich zusätzliches Geld gewesen wäre. Das ist es aber leider nicht.

Es ist ein Linke-Tasche-rechte-Tasche-Spiel, indem Sie es bei den 2 Milliarden Euro vom KiTa-Qualitätsgesetz, Gute-KiTa-Gesetz, wegnehmen und diese für die Sprach-Kitas sozusagen zweckgebunden einsetzen.

Wo allerdings sollen die Länder denn Gelder wegnehmen, wenn Sie gleichzeitig die Beitragsfreiheit weiter möglich machen?

Ich bin gespannt, in wessen Länderverantwortungen dieses Programm tatsächlich am Ende fortgesetzt werden wird.

Sie streichen ja nicht nur an dieser Stelle im Bereich frühkindlicher Bildung. Sie stellen die Fachkräfteoffensive ein – okay. Aber unser Antrag bezieht sich noch auf ein weiteres Bundesprogramm, nämlich das der Kindertagespflege, bei dem bis jetzt irgendwie noch niemand gemerkt hat, dass es wegfällt. Es ist nämlich versteckt in dem Haushaltstitel „Maßnahmen zur Umsetzung der Qualifizierungsoffensive“. Es geht da um die Weiterentwicklung des Systems der Kindertagespflege und auch um die pädagogische Arbeit der Kindertagespflegepersonen. Auch dieses Bundesprogramm lassen Sie auslaufen. Es endet, und auch das übertragen Sie in die Verantwortung der Länder, ohne Absprache, vielleicht auch in der Hoffnung, dass es keiner gemerkt hat.

Mein persönliches Herzensanliegen – Sie haben es gerade schon angesprochen, Frau Kollegin – ist die Stiftung Frühe Hilfen. 51 Millionen Euro gab es dafür, jetzt haben Sie 5 Millionen Euro obendrauf gepackt; das reicht aber nicht – aktuell sind es 86 Millionen Euro, im letzten Jahr waren es 60 Millionen für die Stiftung Frühe Hilfen -, gerade für die niedrigschwelligen Angebote für werdende Eltern und deren Kinder bis drei Jahren; Babylotsen und die Familienhebammen sind Beispiele. Die kennt jeder von uns aus seinem Wahlkreis.

Gerade hier haben wir aber Steigerungen bei den Personalkosten und auch bei den Sachkosten. Wenn Sie hier nur um 5 Millionen Euro aufstocken, bedeutet das gleichzeitig einen tatsächlichen Rückgang beim Leistungsangebot, obwohl der Bedarf nach Corona und in dieser jetzigen schwierigen Zeit einfach riesig ist. Deswegen stellen wir unseren Änderungsantrag.

Frau Ministerin Paus, Ihren Worten Chancengleichheit zu erreichen, lassen Sie in diesem Haushalt jedenfalls leider keine Taten folgen und ziehen sich in weiten Teilen aus der Verantwortung einfach zurück und überlassen es den Ländern. Die müssen das dann schon richten. Chancengleichheit ist aber unser aller Aufgabe, hier im Haus genauso wie in den Ländern und in Zusammenarbeit mit den Kommunen; denn es muss unser aller Anspruch sein. Sie kürzen an einer Position ganz besonders: bei unseren Kindern, im Bereich der frühkindlichen Bildung. Da lassen Sie, Frau Ministerin, mit diesem Haushalt die Kinder im Stich. Das finden wir sehr schade.

Vielen Dank.