Rede im Dt. Bundestag zum Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin!

Vertrauen, als Menschen brauchen wir Vertrauen innerhalb der Familie, Vertrauen zu besten Freunden. Die Menschen brauchen auch Vertrauen in die Politik, in uns als Parlamentarierinnen und Parlamentarier, in die Bundesregierung und auch in Sie, Frau Ministerin.

Das Haushaltsverfahren der vergangenen Monate hat allerdings eine ganze Menge Vertrauen zerstört. Dafür sind nicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und auch nicht das Chaos, die Streiterei der vergangenen Wochen und Monate allein verantwortlich, dafür tragen auch Sie Verantwortung, Frau Ministerin: mit dem Regierungsentwurf für Ihren Etat, den Sie hier vorgestellt haben.

Ich möchte einmal auf die Debatte des vergangenen Herbstes zurückblicken. Sie haben Ihren Entwurf selbst als alternativlos verteidigt, auch in vielen Interviews. Ich hatte es in meiner Rede schon gesagt: Ich habe von Ihnen damals nicht einmal gehört: „Das kann so nicht sein, diese Kürzungen dürfen nicht sein!“ Ich habe Ihren Entwurf als Offenbarungseid für Sie als Ministerin bezeichnet.

Untragbare Kappungen beim Elterngeld, die das Vertrauen der werdenden Eltern in ihre finanzielle Zukunft zerstört haben; die wahnsinnigen Kürzungspläne bei den Freiwilligendiensten, die das Vertrauen der Freiwilligen in die persönliche Lebensplanung, aber auch in die Personalplanung der Einrichtungen, der Organisationen zerstört haben; die Kürzungen bei der frühkindlichen Bildung, die den dort Arbeitenden die Anerkennung genommen und das Vertrauen einfach zerstört haben. Ich könnte unzählige weitere Beispiele anführen.

Ich habe vorhin schon angekündigt, dass ich an dieser Stelle auch etwas Positives sagen muss: Dank und Anerkennung den familienpolitischen Kollegen der Ampel, die das genauso sehen, die offensichtlich auch erkannt haben, dass dieser Entwurf ein Offenbarungseid war – diese Kritik kam hier mehrfach -; denn sie haben viele dieser Kürzungen rückgängig machen können und damit Schlimmeres verhindert. Aber Ihr Verdienst, Frau Ministerin, ist das ganz sicher nicht, Sie haben Vertrauen zerstört.

Wie wenig Sie die Sorgen der Verbände, der Vereinigungen ernst nehmen, zeigt auch der Austritt von zwölf großen Verbänden aus Ihrem „Bündnis für die junge Generation“. Ein Vertreter von einem der Verbände hat zu mir gesagt – ich zitiere das mal -: Im BMUV wird mehr für Jugendliche getan als im BMFSFJ.

So setzt sich Ihr Handeln leider fort: Laut Ihrer Vorhabenplanung soll es eine Strategie gegen Einsamkeit geben. Da stehen vor allen Dingen Prüfaufträge drin, sie ist nicht im Haushalt verankert. Sie haben sich angeblich das Thema Gewaltschutz auf die Fahne geschrieben, aber neue Mittel dafür, auch für den Ausbau, stellen Sie nicht zur Verfügung. Und: Diese Eckpunkte zur Regelfinanzierung mag es geben, aber Sie verteilen sie so selektiv und halten damit so hinter dem Berg, dass das Vertrauen darauf, dass Sie das ernsthaft und offen angehen wollen, einfach nicht besteht.

Unsere Kommunen stehen vor der riesigen Herausforderung des Ganztagsausbaus. 3,5 Milliarden Euro müssen dafür zur Verfügung gestellt werden. 1,5 Milliarden Euro davon kommen aus dem Konjunkturpaket. Ich habe nachgefragt: Was ist denn mit dem Geld? Was ist mit dieser 1 Milliarde Euro, die Sie laut schriftlicher Aussage für den Ganztagsausbau ausgebucht haben? Wir haben Sie mehrfach gefragt, mündlich und schriftlich. Sie können nicht sagen, woher diese 1 Milliarde Euro kommen soll. Sie können nicht sagen, wo im Haushalt diese 1 Milliarde Euro, die jetzt offensichtlich fehlt, ausgebucht wurde und wo sie sich befindet.

Vertrauen, Frau Ministerin, schaffen Sie so ganz sicher nicht.

Und dann – trotz all der guten Vorsätze der Ampel – beginnt das Jahr 2024 wieder mit Streit. Der Finanzminister spricht die bereits seit September angekündigte Anhebung des Kinderfreibetrages auf 6 612 Euro an. Sie, Frau Ministerin, widersprechen und kritisieren ihn. Dann frage ich mich aber, warum bis zum 22. Januar auf der Internetseite Ihres Hauses unter „Spürbare Verbesserungen für Familien“ zu lesen war: Der Kinderfreibetrag erhöht sich für das Jahr 2024 auf – 6 612 Euro.

Vertrauen in die Politik, Vertrauen in die Regierung, Vertrauen in Sie als Ministerin schaffen Sie durch Ihr Handeln leider nicht. Dabei wäre das so dringend nötig, und dabei bietet dieses Haus so unglaublich viele Chancen für die Zukunft aller Menschen in diesem Land. Deswegen muss ich sagen, Frau Ministerin: Sie nutzen die große Chance, die Ihnen dieses Amt gibt, leider nicht.